Aus dem Jahre 1470 stammt die erste schriftliche Erwähnung des eindrucksvollen, archaisch anmutenden Kreuzes: Damals markierte "la Grande Croix" die Grenze zwischen den Herrschaftsgebieten von Nassau und Burgund. Heute verläuft hier an der alten Wegverbindung die Gemarkungsgrenze zwischen Nusbaum und Bollendorf.
Vermutlich war das "Fraubillenkreuz" einst ein Menhir, ein großer, aufrecht stehender Steinblock, der an einem exponierten Ort errichtet wurde. Solche Menhire sind in großer Zahl aus Westeuropa, insbesondere der Bretagne, aber auch aus vielen Regionen Deutschlands bekannt. Die Mehrzahl stammt aus der Jungsteinzeit, der Zeit der frühen Bauernkulturen, zwischen 3000 und 2000 v. Chr. Die großen Steine mögen eine kultisch-religiöse Funktion gehabt haben. Noch in frühchristlicher Zeit ist die besondere Verehrung solcher Steine durch die ansässige Bevölkerung vielfach dokumentiert. Und so besagt auch eine Legende, dass es der Heilige Willibrord selbst gewesen sei, angelsächsischer Missionar und Gründer der Abtei Echternach zu Beginn des 8. Jahrhunderts, der Hammer und Meißel zur Hand nahm, um den heidnischen Stein zu einem Symbol des Christentums umzuarbeiten. Das Kreuz ist heute dreieinhalb Meter hoch und trägt flache Nischen auf beiden Seiten, die
offensichtlich mit Gittern geschützt waren und Figuren oder Bilder
enthielten.
In alten Dokumenten ist neben dem Namen "Fraubillenkreuz" auch "Sybillenkreuz" überliefert. Das erstere könnte eine Ableitung aus "Unserer lieben Frau Bild-Kreuz" sein und auf die christliche Marienverehrung hindeuten. Sybillen andererseits waren vorchristliche Seherinnen, weissagende Frauen - eine ebenfalls einleuchtende Deutung. Es passt zu diesem Denkmal, dass seine Namen die Glaubensvorstellungen von Jahrtausenden vereinen.
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